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Andreas Giebel

Bocholt – Wieder einmal erschien Andreas Giebel als Beobachter der kleinen Leute auf der Bühne Pepperoni und amüsierte das Publikum köstlich. Das Münchner Urgestein bot mit dem Soloprogramm „Das Rauschen der Bäume“ Einblick in alltägliche Geschichten rings um den Karl Dingsheimer Platz – den es gar nicht gibt.

Giebel haucht seinen Figuren Leben ein, indem er sie treffend schildert und der Zuhörer spürt, wie es „menschelt.“ Giebels Geschichten sind aber nicht gemein, spitz oder gar böse. Im Gegenteil, der Zuhörer beginnt im Laufe des Abends den zahnlos singenden Penner Klaus, die skurrilen Patienten im Wartezimmer von Doktor Perrenker und den Professor in der Stammkneipe „Wesereck“, der für einen kleinen Fuhrmann (schlechter Rotwein mit Cola) fast alle Dienste anbietet, zu mögen.

Und da ist noch die Haushälterin Anna Mossolow, die ihn in ihrer Putzwut „Fieße hoch“ beim gemütlichen Sitzen am Tisch stört und gleichzeitig den Sohn erzieht: „Dimitri, bring die Zange herein, du machst die Autos kaputt.“ Giebels Programm ist eine Wohltat für jeden, der sich entspannen möchte. Ihm gelingt es, dass das Publikum über seine schrägen Typen herzlich lacht, ohne sie auszulachen. Dabei helfen Kalauer wie: „Der Bayer hebt sich seine Überschwänglichkeiten für Dinge auf, die hoffentlich nicht vorkommen“, versichert Giebel – und der muss es ja wissen.
Zwischen lustigen Geschichten über seinen Malerfreund, den Aktpointer Glukowatz, oder Lydia, der Schönen aus dem Blumengeschäft, die die Kunden fragt: „Ist der Strauß Blumen für die eigene Frau oder für was Frisches?“, gibt Giebel ganz persönliche Dinge preis: Seit Jahren plant er nämlich einen Schicksalsroman. Den Titel „Der Förster von der Hafenkante“ hat er schon. Nun sammelt er noch markante Sätze wie: „Heike drehte sich enttäuscht um.“ Gute Ideen habe er als buddhistischer Mönch, auf dem Tisch sitzend, plaudert er aus der Schule. Wenn ihm da bloß nicht immer die Füße so einschliefen.
Im Supermarkt deckt sich Giebel immer reichlich mit „Kartoffeln zum Selbsteinfüllen in die Umwelttüte“ und „Einzelgerichten für Alleinlebende“ ein und kommt an keinem Werbestand vorbei, ohne zu probieren, gestand er. „Küstenumnebelt“ beende er dann seine Einkaufstour. Seit einigen Jahren sei er schwer magersüchtig, versicherte der Münchner dem Publikum, obwohl man es ihm nicht ansehe. Aber er passe sich eben mit dem Essen dem Fernsehen an. Harte Krimis könne er nur mit Wodka ertragen.
Über zwei Stunden erfreute Giebel die Besucher mit Geschichten aus dem täglichen Wahnsinn. Es war ein herzerfrischender Abend mit Betrachtungen über den Irrwitz des Lebens von einem, der sich auch selbst auf die Schippe nehmen kann.
VON GUDRUN SCHRÖCK/BBV