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Andreas Rebers

Von Michael Stukowski, Bocholter-Borkener-Volksblatt
BOCHOLT Sexpartys mit Kabarett-Ludern im VW-Bus, allein erziehende Kinder, bewachte Spielstraßen und Arbeiterlieder zwischen Brecht und Bohlen: Wenn die Seele des deutschen Spießbürgers Amok läuft, dann ist Andreas Rebers nicht weit. Sein neues Programm „nebenan und nebenbei“ stellte er wortgewandt auf der Bühne Pepperoni vor. Biedermänner und Edelbürger bekamen darin Rebers scharfe Zunge zu spüren. Deren Allgemeinplätze und sturen Attitüden hatten es ihm besonders angetan.

Zu Beginn des Abends legte der Kabarettist und Träger des Kleinkunstpreises 2007 erst einmal einen kleinen „Seelen-Striptease“ hin. Er sei bekennender Norddeutscher und stamme aus Braunschweig, beichtete er. Braunschweig sei vergleichbar mit dem Wiener Zentralfriedhof – „nur eben doppelt so tot“. Gejohle kam auf, als er die Besucher ansprach („Sie wissen doch hier, was Provinz bedeutet“) und die Bühne Pepperoni als den „westlichsten Satire-Winkel der Republik“ bezeichnete. Aber eigentlich sei die Provinz dort, wo man Lehrer zu den Intellektuellen zähle, stichelte der Kabarettist.

So schön auch seine Bühnenverrenkungen waren – wenn er sich mit seinem „Fliesenleger-Lied“ bei der Show „Deutschland sucht den Superstar“ bewarb -, man musste bei Rebers auf der Hut sein. Vertraulich wie bei einem Treppenhaus-Tratsch quatschte er drauflos. Doch Rebers war hellwach und nahm die feinsten Regungen seiner Zuhörer wahr. Seine giftigen Kraftausdrücke hatten Widerhaken.

Genüsslich drehte er die Alltagsfloskeln seiner Zeitgenossen durch den Fleischwolf der Ironie. Ehe man sich versah, war man seinen Anspielungen auf den Leim gegangen. Da erzählte er, wie er eine betagte Nachbarin angemacht hatte, weil diese einen Blumenkohl in die Restmülltonne geworfen hatte. Und lieferte mit „Wir müssen wieder besser einander zuhören“ auch gleich die passende Phrase mit.

Dann schaute er ins Publikum und meinte: „Auf die Alten muss man manchmal loskloppen. Es gibt ja genug davon.“ Auch seine T-Shirts verblüfften. Unter dem Bild von Osama bin Laden stand der Namenszug des konvertierten Moslems und Popsängers Cat Stevens. Und seine Lieder mit Akkordeonbegleitung hatten genau so viel Pfeffer wie die politischen Seitenhiebe. Hatte er eben noch Claudia Roth als „Christbaumkugel“ tituliert und Kurt Beck ( „Beck – ein Mann, ein Bier“) in Alkohol ertränkt, so sang er danach in frechen Zäsuren über die humpelnde Große Koalition. Er legte dabei einen Facettenreichtum an den Tag, den nur ganz wenige der deutschen Kabarett- und Comedyszene erzielen. Ein sehr sehens- und hörenswertes Programm.