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Dieter Hallervorden

BOCHOLT Fünfzig Jahre lang als Komödiant zu überleben und immer noch für volle Ränge zu sorgen – wie das geht, zeigte Dieter Hallervorden jetzt eindrucksvoll in der Bühne Pepperoni. Allerdings mit Verstärkung, denn als kabarettistischen Sparringspartner hatte er den Schauspieler Harald Effenberg mit ins Stadttheater gebracht. Ob nun im Duett oder als Einzelkämpfer im Angesicht mit dem amüsierten Publikum: Hallervorden wurde auch diesmal wieder seinem Ruf als Perfektionisten gerecht.

Die Gags und Sketsche präsentierte er so professionell, dass man dem 73-Jährigen auf der Bühne keine Verschleißerscheinungen anmerken konnte. Und seine Wortspiele trieften zuweilen vor Selbstironie. „Jetzt gibt’s die Jubiläumsshow. Doch ohne mich. Ich muss zum Klo“, reimte der Komiker. Temporeich und wortgewandt führte er durch die Jahrzehnte seiner Blödelkunst. „Vom Schwachsinn zum überraschenden Scharfsinn“ hätte das Motto lauten können. Was mancher nicht weiß: Hallerworden hat auch politisch-satirisches Kabarett gemacht. Und das nicht nur 1968, als er die damaligen Fraktionsvorsitzenden der beiden großen Volksparteien aufs Korn nahm. Auch der Sketch, der in die Zeit seiner ersten Kabarettgruppe „Die Wühlmäuse“ führt, hat es faustdick hinter den Ohren. Da kommen ein Unternehmer und ein Lohnabhängiger ins Gespräch. Und führen Schlagworte wie Tarifautonomie, freies Unternehmertum und Verantwortung für die Belegschaft süffisant ad absurdum.

Wie gewohnt wechselte Hallervorden flott die Figuren, die er zuweilen übertrieb, jedoch stets präzise zeichnete. Wie den „Rattengift“ aus Christian Dietrich Grabbes „Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung“, mit dem eigentlich seine Karriere begann. Denn in dieser Rolle bestand er die Aufnahmeprüfung an der Schauspielschule. Auch die Filmausschnitte, die zwischendurch auf eine Großleinwand projiziert wurden, zeigten, wie vielseitig der Kabarettist und Schauspieler ist. Köstlich fiel vor allem der Geistliche in rotem Gewand aus, der sich in die Geheimnisse der „digitalisierten Eminenz“ einführen ließ. Dass die katholische Kirche von „Microsoft“ aufgekauft worden sei, glaubte man dem Blödelbischof gerne.

Auffallend war, wie sehr Hallervorden dem Clownesken entsprach, wenn er seine Figuren überzeichnete und sie lächerlich machte. Das gefällt nicht allen Kabarettfans und trägt zum Ruf des derben Possenreißers bei. Zu Unrecht, wie der spritzige Abend bewies. Denn Hallervorden ist künstlerisch zu vielschichtig, um auf ein Format festgelegt zu werden. Und die brillant gespielte Stotterszene zwischen Vater und Sohn, mit der er dem US-Komiker Marty Feldman huldigt, muss man ihm erst mal nachmachen.

MICHAEL STUKOWSKI