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Dieter Hildebrandt

Von Michael Stukowski, Bocholter-Borkener-Volksblatt
BOCHOLT Dieter Hildebrandt vorzustellen, heißt Eulen nach Athen, pardon: nach Barlo zu tragen. Jetzt legte der Kabarettist erneut in der Bühne Pepperoni ein köstliches Mammutprogramm hin.

Charmant kokettierte er mit seinen Besuchern. „Ich lese gleich daraus vor!“, warf er immer wieder ein. Gemeint war sein neues Werk „Nie wieder achtzig!“, das er vorstellen wollte. Aber was wäre Hildebrandt ohne seine ironischen Seitenhiebe auf die Politik. „Da waren ja weit mehr Polizisten als Demonstranten zu sehen“, spielte er eingangs auf die Lufthoheit der Ordnungskräfte bei den Demonstrationen in Bocholt an.

Hatte er noch soeben sehr anschaulich in das Nordic Walking eingeführt, ging er rasch zum politischen Tagesgeschäft über. Nicht nur, dass Angela Merkel „selten zu Hause“ sei – richtig besorgt sei Hildebrandt gewesen, als unsere „Außenministerin“ jetzt in China weilte. Denn die Chinesen hätten ja von ihr eine Kopie machen können. „Und dann weiß niemand, ob die das Original bei sich behalten haben und uns nur die Kopie geschickt haben“, frotzelte er.

Die Verblödungseffekte und Sprachseifenblasen der Politiker haben es ihm besonders angetan. Mit dem „Wortanreicherer“ Helmut Kohl nahm der Kabarettist dann doch noch die Zielgerade zur Lesung. Und wie! Bei dem Matthias-Claudius-Gedicht „Der Mond ist aufgegangen“ schlüpfte Hildebrandt wortreich in die Elefantenhaut des Alt-Kanzlers und zog gekonnt dessen Hang zu verbalen Blähungen durch den Kakao.

Nicht nur hier lag ihm der Saal lachend zu Füßen. Auch seine Anspielungen auf das Altern („Es kommen immer mehr alte Menschen auf die Welt“) und die feinen Attacken auf die bayerische Landespolitik hatten es in sich. Egal, ob die „Schießbudenfiguren“ nun Edmund Stoiber (Zitat: „Der von der Demokratie leicht behinderte Monarch“) oder Huber hießen. „Vor dem bayerischen Verdienstorden habe ich Respekt“, gab Hildebrandt zu. Und Angst, dass er ihn mal bekommen könne. Denn Preise hat der Querdenker für seine subtil-scharfe Zunge allemal verdient. Ob er nun über die vertrackte Computersprache stolpert oder bildreich über die wachsende Technisierung des Alltaglebens herzieht – Hildebrandt ist wie ein guter Tropfen Wein. Er wird mit zunehmendem Alter besser. Und zeigt ein (Bühnen-)Temperament, mit dem er locker manchen Youngster in die Tasche steckt. „Herr, sorge, dass wir alle in den Himmel kommen. Aber nicht sofort!“, zitierte er ein Bischofswort. Damit mag der Kabarettist vielen Fans aus dem Herzen gesprochen haben.