VON MICHAEL STUKOWSKI
BOCHOLT Er ist 75 Jahre alt, doch seinen lausbübischen Humor hat er nicht verloren. Immer noch hängt das Publikum wie gebannt an seinen Lippen, wenn Emil Steinberger spricht. So auch jetzt im St.-Josef-Gymnasium, wo der Schweizer auf Einladung der Bühne Pepperoni auftrat und aus seinen Büchern „Wahre Lügengeschichten“ und „Emil via New York“ vorlas. Auffallend: Nach jeder Erzählung legte er einen Wahrheitseid ab, indem er drei Finger hob. Und versicherte seinen Hörern damit, dass es sich hier nicht um pure Fantasiegeschichten handelte.
Das unterstrich auch sein Programm, das „Emil – drei Engel“ hieß. 100 Minuten lang las und erzählte er Begebenheiten aus seinem Leben. Es waren Geschichten, die auf den ersten Blick wie Allerweltstorys anmuteten. Sie hatten jedoch immer einen süffisanten Wendepunkt und verrieten, dass Steinberger einen untrüglichen Sinn für das Allzukomische hat.
Um Flüge ging es, bei denen er das „Glück im Gepäck“ hatte und am Ende doch noch in seiner Heimatstadt Zürich aussteigen konnte. Oder – wie in der Erzählung „Das Gästebuch“ – um Anekdoten aus seinen Bahnreisen.
Besonders haben es ihm aber die Marotten der US-Amerikaner angetan, die er während seines Aufenthalts in den Staaten hautnah miterlebte. Herzlich lachten die Besucher über die skurrilen „Gesetze“, die Steinberger in den einzelnen Bundesstaaten aufgespürt hat. So dürfen die Männer in Connecticut ihre Frauen sonntags nicht küssen und hätten somit eine „Sechs-Tage-Woche“. In Tennessee wiederum sei es den Frauen untersagt, allein ein Auto zu steuern. Ihre männlichen Begleiter müssten einige Meter vorausgehen und eine rote Fahne schwenken. Kaum zu glauben, dass diese Regelungen nicht Steinbergers Fantasie entsprungen waren.
Fest steht: Es gibt kaum einen Kabarettisten, der so schön schweizerisch das „H“ hauchen kann, wenn es um die Stadt Bocholt geht. Dennoch müsste für Steinberger der Begriff des Bühnentemperaments eigens neu definiert werden. Denn er intoniert stets so ruhig und gleichmäßig, als müsste er den Kindern gleich das Sandmännchen ansagen. Seine Erzählungen haben indes einen liebenswürdigen Charme, dem man sich kaum entziehen kann. Dabei geht auch schon mal mit ihm der Lausbube durch. Denn die einzige Geschichte, die wirklich an diesem Abend erlogen und erstunken war, betraf einen seiner Finger, den er sich angeblich im Theater verletzt haben soll. Dass der blaue „Fingerling“ wirklich nur Alibifunktion hatte, dürfte nicht wenige im Saal verblüfft haben.
Werbung für Kaffee
Emil Steinberger machte nicht nur als Kabarettist Karriere. Erfolgreich war der heute 75-jährige Schweizer laut dem Internet-Lexikon „Wikipedia“ auch in der Werbung. Steinberger schrieb und inszenierte unter anderem etwa 100 Werbespots für Melitta-Kaffee, mit denen der Melitta-Mann Egon Wellenbrink berühmt wurde.