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Florian Schröder

Ganz dicht an der Schmerzgrenze

Der wortgewaltige Kabarettist Florian Schroeder hat mit einigen Aussagen wohl nicht nur Politiker beleidigt, sondern auch so manchen Besucher verstört.

Von Michael Stukowski, Bocholter-Borkener-Volksblatt

BOCHOLT Ob der Kabarettist Florian Schroeder nicht manchmal zu forsch ist? Und sein Programm „Du willst es doch auch“, mit dem er sich über das neue „Familiengefühl“ und das alte „Männerbild“ gleichermaßen lustig macht, nicht selbst widerlegt hat? Als er die Zuschauer am Ende aufforderte, an ihn Fragen zu stellen, herrschte jedenfalls eisiges Schweigen in der Bühne Pepperoni. Und schon nach der Pause waren einige Plätze leer geblieben. Dabei hatte Schroeder einen satirischen Auftritt hingelegt, der jedem Kleinkünstler zur Ehre gereicht hätte. So facettenreich und wortgewaltig hangelte er sich durch den kabarettistischen Themenwald.
Zunächst begann er über die „brandaktuelle“ politische Großwetterlage zu sprechen. Beißend karikierte er die pseudobetuliche Art von Bundespräsident „Pastor“ Köhler („Ich trete noch mal an – dieses Land hat es verdient“) und ließ auch an der großen „Hin-und Wegmoderatorin“ Angela Merkel kaum ein gutes Haar. Seine saftige Persiflage über die „Perle der Uckermark“ und besonders ihre futuristische Neujahrsrede zum Jahr 2058 ließen beim Zuhörer kaum Wünsche offen.
Doch Schroeder, einer der preisverdächtigsten Kabarettisten der neuen Generation, ist auch ein Beispiel dafür, dass markige Worte jenseits der Gürtellinie noch lange keinen guten Kleinkünstler ausmachen. So dürfte er mit seiner Aussage über den frisch wieder-verheirateten und zeugungsfähigen Christian Wulff (Zitat: „Der ist für mich ein Beispiel gelebter Christdemokratie – aufs Kreuz legen und losnageln, was das Zeug hält“) nicht nur den niedersächsischen Ministerpräsidenten beleidigt, sondern auch manchen Besucher verstört haben. Den SPD-Parteivorsitzenden Kurt Beck mit einer Biersorte („Hasseschröder“) zu vergleichen und die geschasste Fernsehmoderatorin Eva Herrmann mit Joseph Goebbels in einem Atemzug zu nennen, ist schon nah an der Schmerzgrenze.
Die testete das Lästermaul bei seinen Zuhörern immer wieder neu aus. Das ging desto tiefer, je besser ihm die Karikaturen und Stimmimitationen gelangen. Den selbstgefällig-kauzigen Wolfgang Schäuble persiflierte er so gut, dass der unbequeme Bühnenhocker bald zum Rollstuhl wurde. Und seine „Parodie über die Parodisten“, bei der er so exquisite Köpfe wie Matthias Riechling, Jochen Busse oder Dieter Nuhr in „Ottis Schlachthof“ aufmarschieren ließ, waren ebenso vom Feinsten wie das Zwiegespräch zwischen Michael Glos und Reinhold Beckmann.
Doch Florian Schroeders aggressiv-bekümmerter Unterton, dem nichts heilig zu sein scheint, und das hastige Tempo seiner Sprachattacken können auch verschrecken. Zum Glück nicht die sympathische Kristin, die sich von Schroeder zum „Gebärmaschinen-Tüv“ auf die Bühne bitten ließ. Die rotzigen Fragen („Warum ist Dein Freund heute nicht mit?“), die ein bisschen an den „dirty Harry“ Harald Schmidt erinnerten, parierte die schlagfertige Düsseldorferin wohltuend souverän.