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Hans Liberg

Hans Liberg ist der Meister der musikalischen Posse. Die Zuschauer der Bühne Pepperoni nahm der Pianist und Musikwissenschaftler mit auf einen Ritt durch die Musikgeschichte. Sie entlohnten ihn mit stürmischem Applaus.

Von Michael Stukowski, Bocholter-Borkener-Volksblatt
BOCHOLT Er sieht so zahm aus wie ein Handelsreisender, der Wärmflaschen verkaufen möchte. Aber am Klavier und auf der Gitarre wird Hans Liberg zum Tier. So geschehen jetzt auch in der Bühne Pepperoni. Die zahlreichen Besucher in der Halle der Flender AG bekamen einen regelrechten Karneval der Melodien serviert und spendeten für die köstliche Mischung aus Klassik und Komik am Ende stehenden Applaus.
Die stürmische Zuwendung des Publikums wunderte den Musikwissenschaftler Liberg indes nicht. „Musik macht schlau und verbessert das soziale Erleben“, behauptete er. Deswegen beschallten die Inder ihre heiligen Kühen. Und musikalische Kühe wiederum geben mehr Milch. Ob man seinen schrillen Kommentaren nun glaubte oder nicht – wie der niederländische Tonkünstler zwischen klassischer Musik und Pop jonglierte und bei seinem amüsanten Streifzug immer wieder auf Gemeinsamkeiten stieß, das hatte Biss und Klasse. Und viel Mitmach-Charakter. Süffisant, aber nicht böswillig, ließ er sein Publikum manchmal in die Irre singen. So mit Wolfgang Amadeus Mozarts „Kleiner Nachtmusik“, die der spontane Großchor so herrlich schief intonierte, bis die Stimmen versagten. Und als alle die israelische Nationalhymne nachsummen wollten, verirrte man sich bei Bedrich Smetana und wäre fast in dessen „Moldau“ ertrunken. Auch wenn die hundert Titel aus Libergs Programm auf zwei großen Plakaten aufgelistet waren – man musste schon genau zuhören, um die musikalischen Possen zu entlarven. So mutierte die „Maria“ aus George Gershwins „Westside Story“ nach wenigen Takten zu Giuseppe Verdis „Aida“ und endete in dem herzhaften Habanera, den man aus „Carmen“ (Georges Bizet) kennt. Und ehe man sich verhörte, ertönte das „Money, money“ der schwedischen Popband Abba und verhedderte sich schließlich irgendwo bei Clayderman.
Auch über Ludwig van Beethoven wusste Liberg Bescheid. Der sei in Wirklichkeit ein „Rocker“ mit dem tauben „Gehör eines Popmusikers“ gewesen. Was der verschmitzte Niederländer gleich mit einem fetzigen Auszug aus der „Mondscheinsonate“ bewies. Zwischendurch durften die Zuhörer Melodien von Satie und Vivaldi erraten und bekamen beim heiteren Tierstimmen-Quiz liebliche Kuckuckrufe zu hören. Egal, ob nun Klassik oder Pop – für Liberg ist (Bühnen-)Musik in erster Linie Spaß und Entertainment. Deswegen darf er auch gewaltig in die Tasten schlagen, wenn er ein feinsinniges „Impromptu“ von Chopin anstimmt; mit hüftlanger Perücke als Georg Friedrich Händel auf die Bühne kommen; oder aus voller Kehle Beethovens „Freude schöner Götterfunken“ gröhlen.
Mit viel Sinn für Humor hebelt Liberg die Grenzen zwischen ernster und Unterhaltungsmusik auf. Und macht mit seinen Blödeleien der sogenannten Virtuosität Beine. Das hat eine menschliche Note und einen großen Unterhaltungswert. Da kann ein Geigenkonzert von Mendelssohn-Batholdy, in Dur gespielt, auch schon mal als Fußballhymne der Schalker erklingen.