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Robert Kreis

Von Michael Stukowski, Bocholter-Borkener-Volksblatt
BOCHOLT Ihr Schicksal war oft grauenhaft und der Karrierebruch stets unvermeidlich: Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, mussten die meisten Künstler des deutsch-jüdischen Kabaretts das Land verlassen. Viele von ihnen flohen in die Niederlande, wo sie fortan erheblich die Schlagerwelt belebten. Seit Jahren erinnert Robert Kreis, ein inniger Liebhaber dieser Musikrichtung, leidenschaftlich an die fast vergessene Künstlerszene der 20er und 30er Jahre. Wie sehr, dass konnten jetzt die Besucher in der Bühne Pepperoni miterleben, wo Kreis sein schwungvolles Programm „Verehrt, verfolgt, vergessen“ präsentierte.

Freche Melodien, zuweilen mit einem gehörigen Schuss Frivolität gestreckt, sang der gebürtige Holländer am Klavier. Wie Franz Engels süffisantes „Das Mieder mit dem Spatzen“, das von untreuen Frauen und gehörnten Ehemännern erzählt. Oder „Die Fürstin Pippes von Pippsenstein“, mit der der Entertainer und Schauspieler Franz Grünbaum im Jahre 1917 seine Hörer sehr zum Schmunzeln brachte: Erst nachdem man den Kammerdiener erschlagen hatte, war es mit der Gebärfreude der Fürstin vorbei.

Um den Tod in witzigem Zählreim geht es in Grünbaums Kabarett-Couplet „Das fürchterliche Lied“. Nachdem eine Frau dreimal von ihrem Mann ermordet worden ist, wird es selbst dem Sänger zu bunt. „Verzeihen Sie, liebes Publikum, das Lied ist mir zu dumm“, singt er zum Schluss.

Ob er mit furiosem Tastenschlag die „Moritat von Mackie Messer“ aus Kurt Weills „Dreigroschenoper“ vorstellte oder augenzwinkernd fast vergessene Melodien von Kurt Geron, Paul O’Montis und Dora Gerson wieder auferstehen ließ – mit unwiderstehlichem Charme entführte Kreis in die schlüpfrige Welt der jüdisch-deutschen Couplets. Und sparte auch nicht mit Witzen.

Die hatten indes nicht immer einen historischen Bezug. So erzählte er trocken: „Angela Merkel benutzt nie ein Parfüm. Warum braucht die dann einen Stoiber?“ Neben dem Siegfried-Arno-Potpourri („Die Hilde küsst wie eine Wilde“, „Komm mit mir nach Brasilien“) zeigten besonders die Willy-Rosen-Lieder, wie souverän Kreis dieses Genre beherrscht. Mühelos schlüpfte er in die Haut des Entertainers und animierte sein Publikum zum Mitmachen. „Entklemmen Sie sich“, forderte er temperamentvoll seine Hörer bei einem Otto-Walburg-Schlager auf. Und rief, als viele den Refrain mitsangen: „Herrlich haben Sie das gemacht! Bocholt, ich ziehe um.“